Weniger Lehrstellen besetzt

Ausbildung Handwerkskammer und IHK: 2016 wurden weniger Neuverträge abgeschlossen als im Vorjahr. Dafür läuft’s gut bei Bäckern und Co im Kreis Tübingen.

Nach drei Jahren mit deutlichen Azubi-Zuwächsen, zuletzt um 2,6 Prozent, weist die Statistik der Handwerkskammer Reutlingen für 2016 ein Minus von 1,4 Prozent aus. Hauptgeschäftsführer Joachim Eisert hält den bloßen statistischen Vergleich für nur bedingt aussagekräftig. „Steigerungen wie in den Vorjahren, so wünschenswert sie wären, lassen sich nicht beliebig wiederholen.“

In Zahlen: Im vergangenen Jahr haben 2077 Frauen und Männer eine Ausbildung im Handwerk begonnen. Die Bilanz der Kammer zum 31. Dezember verzeichnet einen Rückgang von 30 Neuverträgen gegenüber dem Vorjahr. In den fünf Landkreisen des Bezirks (Tübingen, Reutlingen, Zollernalb, Freudenstadt und Sigmaringen) werden insgesamt 5088 künftige Fachkräfte ausgebildet.

Für viele Betriebe, so Eisert, sei es grundsätzlich schwieriger geworden, die dringend benötigen Nachwuchskräfte zu gewinnen. Eine Ursache sieht er im Trend zum höheren Schulabschluss. Trotz sicherer Jobs und guter Karriereperspektiven gerate die duale Ausbildung immer mehr ins Hintertreffen. „Die Vorstellung, dass nur Abitur und Studium zählen, finden wir bei Jugendlichen, aber auch bei deren Eltern und Lehrern. In vielen Fällen sind die Möglichkeiten, die eine Berufsausbildung im Handwerk bietet, gar nicht bekannt.“

40 Prozent aller neuen Auszubildenden lernen einen Metall- und Elektroberuf. 837 Neuverträge entfallen auf die gewerblichen Zulieferer (2015: 822), die damit die zahlenmäßig wichtigsten Ausbilder im Handwerk sind. Es folgt das Bau- und Ausbaugewerbe, das 461 neu abgeschlossene Lehrverträge verzeichnet (2015: 490).

Während die Betriebe in den Kreisen Tübingen (+2,1 Prozent) und Zollernalb (+5,2) im Vergleich zum Vorjahr mehr Ausbildungsverträge schließen konnten, fielen Reutlingen (-2,2 Prozent), Freudenstadt (-5,8) und Sigmaringen (-8,9 ) zurück.

Rund ein Drittel aller Neuverträge entfallen auf Betriebe im Kreis Reutlingen. Die dortigen Elektro- und Metallbetriebe konnten nochmals kräftig zulegen (251 Neuverträge, +8,2 Prozent). Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen in der Bau- und Ausbaubranche. Trotz gut gefüllter Auftragsbücher haben im vergangenen Jahr deutlich weniger junge Menschen eine Lehre zum Maurer, Dachdecker oder Stuckateur begonnen (-13,5 Prozent).

Eine besondere Situation gibt es aktuell bei Bäckern und Co im Kreis Tübingen: Hier haben im vergangenen Jahr 34 Azubis eine Lehre im Nahrungsmittelhandwerk begonnen – als Bäcker, Metzger, Konditoren, Fachverkäufer. 2015 waren es nur 16. Im gesamten Kammerbezirk gibt es in dieser Handwerksgruppe ebenfalls einen Zuwachs. Nach 97 Neuverträgen in 2015 waren es diesmal 103 Neuverträge. Ein Plus von 6,2 Prozent. Mit anderen Worten: In anderen Landkreisen sieht es deutlich schlechter aus. Für den gesamten Kammerbezirk ist das Fazit deshalb eher verhalten: „Für Betriebe im Nahrungsmittelhandwerk bleibt die Nachwuchssuche schwierig“, so Udo Steinort, der Sprecher der Handwerkskammer Reutlingen.

Von Seiten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen heißt es: „Wir bewegen uns auf Vorjahresniveau“, so IHK-Sprecher Christoph Heise. Zum 31. Dezember 2016 verzeichnete die IHK 2535 neue Verträge. Das sind 0,2 Prozent weniger als 2015. Laut Heise erfreulich: Die Zahl der Abschlüsse im gewerblich-technischen Bereich stieg um 3,8 Prozent von 921 auf 956 Verträge. Regional hat der Landkreis Tübingen 1 ,5 Prozent weniger neue Lehrlinge (von 606 auf 597). Im Landkreis Reutlingen legte die Zahl dagegen um 0,7 Prozent leicht zu (von 1155 auf 1163).

Insgesamt bewege man sich im Kammerbezirk (die Landkreise Tübingen, Reutlingen, Zollernalb) „auf hohem Niveau, was die Zahl der Verträge betrifft“, so Heise: „In Summe müssen wir weiter festhalten, dass es mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber gibt.“

Quelle: Schwäbisches Tagblatt vom 18.1.2017

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